Ein Walross auf Tour und ein herbstlicher Flammkuchen
Sonntagabend war ich im Theater – seit Jahren wieder einmal. Ich glaube, ich wäre die strengste Theaterkritikerin überhaupt, denn mir gefällt selten etwas. Ich freute mich jedoch darauf, mal wieder auszugehen und zog mit Big T. und Onkele los. Wir sahen uns Bea von Malchus mit Yankee Jodel an (es geht um Mark Twain in den Alpen, der verzweifelt einen Bestseller schreiben muss und jeden Sonnenaufgang verpennt). Ich habe mich prächtig amüsiert, geschmunzelt und einmal sogar laut gelacht, dann, ganz zu Ende war ich auch ein klein wenig traurig.
Am nächsten Morgen ging ich (ebenfalls seit gefühlten Jahren wiedermal) joggen. Bestimmt sah ich aus wie ein alterndes Walross auf Land, aber ich fühlte mich (nur leicht übertrieben) wie ein junges Reh auf einer frischen Weide, der Himmel blau, das Maisfeld leise flüsternd, die Vögel fröhlich zwitschernd. Die bunten Blätter nickten mir aufmunternd zu. Die Oktobersonne erzählte noch einmal vom Sommer, vom Baden im See, von Licht und Helligkeit und einer Wärme, auf die wir bald schon wieder lange warten müssen. Ich blinzelte in die Sonne und erinnere mich daran, dass Lily bei ihrer Grossmama gut aufgehoben ist, mit vielen Geschichten und Liedern und Rührei und Kuscheln und ich sie schon bald, bald abholen gehe.
Meine Beine wurden schwer und schwerer und der innere Schweinehund bellte (oder oinkte?), wie auch immer, er war jedenfalls nicht sonderlich zufrieden. Dann passierte das Wunderbare. Trotz der schwerer werdenden Beine fühle ich mich leichter und leichter. Und frei. Und zufrieden. Einfach so in der Bewegung, ohne ein «wie lange noch?», ohne Gedanken und doch den Kopf plötzlich voller Ideen. Für ein Rezept. Den passenden Eintrag dazu. Eine Geschichte für Lily. Ich mag vielleicht ein alterndes Walross sein, aber da war plötzlich eine frische Energie in mir drin, eine, wie ich sie schon ein Weilchen nicht mehr gespürt habe. Denn grad in letzter Zeit fühlte ich mich öfter so alltagsschwer und alltagsgefangen und… müde halt und irgendwie unzufrieden. Es ist so einfach, sich selber zu vergessen. Das kenne ich schon länger, seit Lily da ist, aber umso mehr.
Eltern sein bedeutet die Bedürfnisse der Kinder wahr und ernst nehmen, es bedeutet aber auch sich selber nicht zu vergessen. Die eigene Sauerstoffmaske aufzusetzen, bevor man andern hilft, sozusagen.
Einige Dinge sind so nicht mehr möglich. Viele aber schon. Und viele Momente sind gerade im Alltag zum Geniessen pflückbereit. Die Sonne, die die Nasenspitze kitzelt. Ein nasser Lilykuss. Der erste Schluck Kaffee am Morgen. Den Wolken zuschauen. Alles kleine Mikromomente, die das Leben so lebenswert und fröhlich machen.
Mikromomente sind gut. Jedoch nicht immer gut genug.
Manchmal brauche ich Zeit für Sport und Bewegung, Zeit mich auszupowern und dabei aufzutanken.
Manchmal brauche ich Kino und Geschichten oder auch einmal ein Theater, eines, das selbst ich, die strengste Theaterkritikerin ever, mag.
Manchmal brauche ich den weiten Himmel, draussen sein, Natur.
Manchmal brauche ich einen Baum, an den ich mich lehnen kann, Stift und Papier und Zeit für meine Gedanken.
Manchmal brauche ich die Stadt und meine Freundinnen, einen Mojito und viel Lachen.
Manchmal brauche ich Zeit allein mit Himself, meinem bestem Freund.
Um dann mit wiederaufgeladenen Batterien voll und ganz im Jetzt zu stehen, Blindflüge zu meistern, den Alltag zu jonglieren und dabei immer wieder kleine Genussmomente zu pflücken.
Ich backe einen herbstlichen Flammkuchen, einen mit Birnen, Roquefort und Baumnüssen.
Dazu brauche ich pro Flammkuchen (einer reicht für ca. 2 Personen)
- 1 Flammkuchenteig
- 1 Prise Salz
- 1 kleine weisse Zwiebel, in dünne Ringe geschnitten
- 1 Birne, in dünne Schnitte geschnitten
- 5 – 6 Baumnüsse
- Ca. 40g Roquefort
- Etwas flüssigen Honig oder Ahornsirup (optional)
Den Ofen auf 220° (Ober – Unterhitze) vorheizen.
Den Flammkuchenteig lege ich auf ein Blech und bestreiche ihn mit einer nicht allzu dicken Schicht crème fraîche, streue wenig Salz darüber, verteile die Zwiebelringe und die Birnenschnitze darauf und schiebe den Flammkuchen für 12 -15 Minuten in den Ofen.
In der Zwischenzeit röste ich bei mittlerer Hitze die Nüsse an und zerkleinere sie etwas.
Wenn der Flammkuchen fertig gebacken ist, lasse ich ihn 2 – 3 Minuten leicht abkühlen und verteile dann die Nüsse und den Roquefort gleichmässig darauf.
Wer mag, kann ihn noch mit wenig flüssigem Honig oder Ahornsirup beträufeln.