Winterdunkel, gelebte Frage und ein Strudel

Die Tage gehen so schnell vorbei. Das hat mich seit Lilys Geburt beinah am meisten erstaunt. Gut, es hilft wohl nicht, ein Herbstbaby zu haben, die Tage werden kürzer und dunkler und kaum ist es richtig hell, wird’s schon fast wieder dunkel. Hier sind die Wintertage oft von diesem Grau, das sich niemals ganz von der Dämmerung unterscheiden lässt. Seit Lilys Geburt, oder jedenfalls seit dem Ende des Wochenbettes, war ich allerdings auch jeden Tag draussen. Bei Schnee, bei Wind, bei Regen, im Grau, im Hell, im Sonnenschein. Lily und ich, beide mit Mütze, beide eingepackt, sie oft im Ergobaby versteckt und schlafend – und ich, die Nase im kalten Winterwind, auf den immer gleichen Pfaden, mit immer neuen Gedanken.

Und wie oft ich jetzt singe. Bajuschkibaju, Selbsterfundenes, Altbekanntes, Neuentdecktes… ich singe beim Spazieren, ich singe beim Kochen, wenn Lily zuschaut und immer ungeduldiger wird, ich singe unter der Dusche, um ihr zu zeigen, dass ich noch da bin, ich singe, um zu beruhigen, ich singe, um das Einschlafen zu erleichtern, ich singe und singe… und weißt du was? Es macht Spass. Ich habe keine gute Singstimme und wie so oft bei den Dingen, die man nicht so wirklich kann, denkt man diese den anderen, den «Begabten» zu überlassen. Was für ein Quatsch… heute singe ich, wie es mir gefällt, und bin stolz darauf!

Wir zwei im Winterwald

Ich mag die Winterabende. Tief in meiner Seele bin ich gern allein und es ist nicht so hell und grell und jeder ist draussen und unterhält sich mit dem Nachbarn und jeden Abend sind Freunde zum grillieren da und man trifft sich zum Stand – up – paddeln und Aarebööteln oder… jedenfalls ist ständig was los und wer allein daheim hockt ein armer Teufel. Im Winter bin ich normalerweise der glücklichste einsame Sofawolf den man sich vorstellen kann. Doch in diesem Winter ist alles irgendwie anders. Die Tage sind mir zu kurz. Sie zeigen mir allzu deutlich wie schnell sie vergehen. Lily ist jeden Tag ein bisschen anders, kein Foto und keine noch so sorgfältig abgespeicherte Erinnerung kann diese kostbaren Momente wiederbringen. In diesem Winterdunkel ist soviel Neues, soviel Unbekanntes, so viele Fragen und noch so wenige Antworten.

Da muss ich an „Geduld” denken, von Rainer Maria Rilke.

«Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages, in die Antwort hinein». 

Ich koche. Besser gesagt, ich backe: einen Gemüsestrudel auf Tomatensauce.

Obschon, ist es ein Strudel wenn er aus Blätterteig ist? Wahrscheinlich nicht, aber es ist von der Form her auch keine Pie, da gerollt. Egal, er wird jetzt so getauft.

Für 2 Strudel (4 Personen)

  • 2 Pack Blätterteig (à je 320g)
  • 400g Hüttenkäse
  • 200g Tiefkühlerbsen
  • 50g Parmesan
  • 2 mittelgrosse Karotten (gewürfelt)
  • 1 Kartoffel (gewürfelt)
  • 1 Zwiebel (gewürfelt)
  • 2 Knoblauchzehen (gepresst)
  • Gehackte frische Kräuter (siehe Text)
  • Salz und Pfeffer
  • 2 EL Kreuzkümmelsamen

Für die Tomatensauce

  • 1 Zwiebel (gewürfelt)
  • 1 Knoblauchzehe (in dünne Scheiben geschnitten)
  • 1 Büchse gehackte Tomaten
  • Salz, Pfeffer und Zucker
  • Olivenöl

Ich bin ein Blätterteigstreber, heisst, ich mache ihn selbst. Meistens. Seit Lily da ist, greife ich immer öfter auf die Ladenversion zurück, da Blätterteigselbermachen zwar lohnenswert, doch wenig alltagstauglich ist. Dieses Rezept ist für zwei Strudel gedacht. Falls nur einer gemacht wird, die Zutatenmenge einfach halbieren.

… noch eine kleine Anmerkung zum Blätterteig… egal ob gekauft oder selber gemacht, er darf erst aus dem Kühlschrank kommen, wenn er tatsächlich auch gebraucht wird. Denn mit warmem Blätterteig zu arbeiten ist ein Alptraum. Schlimmer noch als der, in dem ich ungekämmt und im Pyjama die Tagesschau moderieren musste.

Für die Füllung schneide ich die Kartoffel, die Zwiebel und die Karotten in recht kleine Würfel, lege sie in eine Schüssel und gebe die Erbsen dazu, frisch aus dem Tiefkühler. Weiter wandern 400 g Hüttenkäse, zwei gepresste Knoblauchzehen, 2 TL Kreuzkümmelsamen, 50g geriebenen Parmesan mit hinein. Ich liebe frische Kräuter im Strudel, je nach Saison hacke ich je einen Bund frische Minze und Petersilie hinein (oder soviel, dass jeweils etwa 3 EL gehackte Kräuter entstehen). Ja und dann fehlt nur noch was nie fehlen darf, nämlich genügend Salz und etwas schwarzen Pfeffer.

Ich vermische und probiere das Ganze und heize den Ofen auf 200° vor. 

Dann nehme ich pro Strudel einen Blätterteig und schneide vom “kürzeren Rand” ca. 3 – 4 cm ab, lege diesen Streifen zur Seite, um damit später eine hübsche Dekoration machen zu können – lege den Teig auf das mit Backpapier belegte Backblech,  platziere die Hälfte der Füllung auf die untere Seite etwa 4 cm vom unteren Rand entfernt, schlage den untersten Teil über die Füllung und rolle das Ganze von der langen Seite auf. Schaue, dass die «Naht» unten und gut verschlossen ist und drücke die Enden gut zusammen und drücke mit den Gabelzinken ein Zackenmuster hinein. Oben in der Mitte des Strudels bohre ich mit einer Messerspitze ein kleines Dampfloch und dekoriere ihn mit kleinen Blätterteigdekoration. Dann wiederhole ich das Ganze mit Examplar 2. Ich schlage ein Ei auf und pinsle beide damit ein, damit sie auch schön Farbe kriegen (und nicht so winterblass wie ich aussehen müssen).

Ich versuche, die Strüdel (ist dies die korrekte Mehrzahl von Strudel?) auf einem Blech zusammen backen zu können, da ich tendenziell lieber mit Ober – Unterhitze backe. 

Bei zwei Blechen ist die Funktion auf Umluft einzustellen und die Temperatur um 20° zu reduzieren. 

Die Backzeit beträgt 35 – 40 Minuten.

Nun zur Tomatensauce: dazu erst die Zwiebel klein schneiden den Boden einer Pfanne mit Olivenöl bedecken und die Zwiebeln im heissen Öl bei jetzt niedriger Hitze glasig werden lassen (Achtung, sobald Tomaten zu den Zwiebeln kommen werden die Zwiebeln nicht mehr weich, anflehen bringt da auch nichts mehr) – deshalb immer geduldig abwarten, bis die Zwiebeln auch wirklich weich sind.

Jetzt für einige Sekunden den in dünne Streifen geschnittenen Knoblauch mitschwitzen lassen und eine Büchse gehackte Tomaten (Büchse anschliessend etwa zur Hälfte mit Wasser füllen, etwas in der Dose herumschwenken lassen und mit zur Sauce geben), mit Salz, etwas Pfeffer und wenig Zucker würzen, aufkochen und ca. 40 Minuten leicht köcheln und etwas reduzieren lassen, gegen Ende der Kochzeit nochmals einen grosszügigen Schluck Olivenöl zur Sauce geben, rühren und emulgieren lassen. 

Falls der Strudel vor der Sauce fertig ist, macht dies nichts, im Gegenteil: das gibt ihm die Zeit sich noch etwas zu sammeln bevor er in Scheiben geschnitten und auf einem «Bett» aus Tomatensauce angerichtet wird. 

Ist gar nicht so viel aufwendiger als Nudeln mit Gemüse und Sauce, aber viel glamouröser! (Und na ja, kalorienhaltiger, aber egal, nicht jeder Tag ist Strudeltag). 

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