Vor dem Sturm…

Wir warteten.

Und plötzlich hatten wir Zeit. Weite, endlose Zeit. Lily war bei ihrer Nana in den Ferien. Ich hatte immer mal wieder Wehen, die stärker wurden und regelmässiger – und dann, wie sie gekommen waren, wieder aufhörten. Ich schlief. Ich ass. Ich nahm ab und zu mal ein Bad. Ich lag in der Hängematte. Ich döste. Wir gingen in den Wald. Ich suchte Schatten und hörte dem Regen zu. Schaute eine wunderbar kitschige Serie. Und das Leben war wunderbar. Für ein Weilchen. Dann, wie eine plötzliche Wehe, kam die plötzliche Krise. 

Ich machte mir Vorwürfe, wenn die Wehen wieder aufhörten. Ich machte mir Vorwürfe, dass Lily schon zu lange in den Ferien war. Ich begann, mich übers Zabli zu ärgern, das doch noch so gerne planschte. Ich weinte. Ich war ungeduldig. Die Zeit war mir zu lang und zu anstrengend und ich klimperte auf dem Klavier, und nannte die Melodie „Zabliblues“. Hihi.

Ich versuchte jeden Trick den es gibt und ärgerte mich, dass sie nicht klappten. Nicht wirklich, jedenfalls. „Oha, da habt ihr aber zu tun“ meinte die Hebamme, als ich ihr schilderte, was ich alles so probiere, ums Zabli endlich rauszulocken. Oha. Ich hörte dem kleinen, schnellen, regelmässigen Herzschlag zu, der übers CTG in den Raum hinein klopfte.

Ich ging nach Hause, setzte mich nach draussen, trank einen Kaffee und liess sie zu mir kommen, die Ruhe, die nicht drängt. Ich hörte Podcasts. Ich lauschte dem Regen. Ich ass Kirschen. Und hielt Himselfs Hand. 

Wir warteten. Die Decke rutschte manchmal bedrohlich nach unten. Dann stemmten wir sie wieder hoch, dort knirschte sie und wackelte. Ab und zu kriselte es, meist leise und einmal laut und wütend.

Wir gingen in den Wald.

Wir warteten.

Vögel sangen ihr Lied, zwei Raben krächzten. Die Sonne wechselte den Regen ab, und der Tau glitzerte.Regen wechselte die Sonne ab, und dann, in einem Sturm, wurde das kleine Mädchen geboren. Und es war alles weit und es war alles hell und es war alles wert.

Fotos: Himself

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3 Kommentare

  1. Hallo meine Liebe, habe schon ein Foto gesehen von der Lütten. Alles Liebe für Euch und die kleine neue Erdenbewohnerin. Drücke Dich, Susanne

    1. Von der stolzen Tante?
      Vielen Dank für deine Wünsche. Wie geht es dir? Vor dem Sturm (und auch nach dem Sturm) habe ich mich ziemlich zurückgezogen. Hoffe bei dir ist alles gut! Drücke dich zurück, Nina

  2. Herzlichen Glückwunsch zur Geburt eures kleinen Mädchens.

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